Die Skelettfrau – ein Ölgemälde

Die Skelettfrau

Ist es der Abendhimmel oder ist es ein Feuer? Ein purpurfarbener Hintergrund bildet den Rahmen für ein seltsames, mystisches Schauspiel.
Eine Anhäufung aus Stroh und Knochen. Helle, mitunter schneeweiße, skelettierte Menschenknochen. Darauf sitzend, fast liegend eine Frau – lebendig.
SIE, diese stille Schönheit trägt ein schlichtes, weißes Gewand. Es scheint aus Leinen zu sein und umhüllt IHREN weiblichen Körper bis zu den Waden.
IHR einziger Schmuck ist das volle, lockige, schwarze Haar; so ungebändigt wie SIE, die aber nun in aller Gelassenheit auf diesem seltsam anmutenden Berg sitzt und mit den Knochen zu spielen scheint.
IHRE oberen Augenlider sind nach unten gesenkt, fast geschlossen, als ob SIE nur mit Ihrer Berührung dem vergangenem Leben dieses Knochens nachspüren will.
Zärtlich berühren drei Finger IHRER rechten Hand einen vor IHR liegenden, ausgeblichenen länglichen Knochen.
SIE weiß welche Aufgabe vor Ihr liegt; IHRE Mimik strahlt Zufriedenheit und Zuversicht aus.
SIE alleine weiß, wie es zu dieser, nach außen hin befremdlich wirkenden Situation kam.
Der Schädel eines Menschen in direkter Linie zu IHREM Gesicht scheint SIE aus den Augenhöhlen heraus anzuschauen.
Weiter oben liegt das Gerippe des Oberkörpers. Die Rippen, das Rückgrat, die Wirbelsäule bilden auch im Tod einen Schutzwall um den Platz, der im Leben das Herz geborgen hat.
Darauf quer der Beinknochen, den SIE mitfühlend berührt.
Weiter links verstreut sind die Reste von Beinen und Armen zu erkennen. Die Hände mit den dünnen Fingerknochen scheinen Kontakt zu suchen, berühren IHRE Beine. Neben IHR, unter IHR, direkt vor IHREM Unterkörper liegt wie zufällig drapiert der Hüftknochen, auch dieser berührt SIE, ist eng in der Beuge zwischen Oberschenkel und Unterleib platziert.
IHR linker, nackter Fuß schaut unter dem Kleid hervor, das rechte Bein ist unsichtbar angewinkelt, unter dem Kleid verborgen.
Ob IHR bewusst ist, welchen Eindruck SIE bei unwissenenden Betrachtern auslöst?
Den Eindruck dieser Ansammlung aus Stroh und SIE darauf sitzend, umgeben von den skelettierten Menschenknochen.
Die Geschichte zu dieser geheimnisvollen Szene wird seit Jahrhunderten bei den Inuit erzählt.
Die Geschichte der Skelettfrau, Künderin des Todes und des Neuwerdens, von beiden Welten willkommen geheißen.
SIE alleine weiß um IHRE MACHT – um die MACHT der Liebe.

Rosemarie, Januar 2016 – Januar 2019 Norderney

Das Ölgmälde zu dieser Geschichte sucht nun kein neues Daheim mehr,
es hat einen perfekten Platz in meiner Wohnung auf Norderney gefunden.

Ein mystisches Unikat: Die Skelettfrau; Gemälde von Doris Baum.