Norderney – Ist immer eine Reise wert.

Verschlafen in Richtung Norden

Für meinen ersten öffentlichen Reisebericht hatte ich mir einen anderen Start vorgestellt, bedeutungsvoller und aufregender, gleich einer Theaterpremiere.
Als es für mich feststand, dass einem verlängerten Aprilwochenende auf Norderney keine Hindernisse entgegen stehen und ich reisen werde, wollte ich dieses Mal die Eindrücke in Worten festhalten, mit ein paar Fotos dazu.
Entgegen meinen vorhergehenden Reisen war der Koffer schon am Abend vor der langen Zugfahrt gepackt.
Aber wie so des Öfteren in den letzten Nächten wurde es spät, sehr spät. Ein Blick zur Uhr ermahnte mich schlafen zu gehen.
Später, später und zudem ist im Zug Zeit genug zum Ruhen, es war dann 2 Uhr.
Morgens 6.14 Uhr Abfahrt Fürth Hauptbahnhof, heißt das Taxi muss spätestens um 6 Uhr vor meiner Haustür stehen und der Wecker somit um 4.30 Uhr klingeln.
Sein pünktliches Klingeln wurde dann wohlwollend von mir abgestellt. Umgedreht, weitergedöst und sanft schlummerte ich weiter.
Wachgeworden ein Blick zum Wecker; 5.30 Uhr leuchtet es mir grün entgegen.
Die Überlegung ob ich dann einen Zug später fahre, wurde nach kurzem Abwägen mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Der Koffer ist schließlich gepackt.
In Rekordzeit war ich reisefertig, die Zeit reichte sogar für zwei erste Fotos.

Der Koffer ist gepackt
Der Koffer ist gepackt
Tschüss
Tschüss

Dann die Taxifahrt durch ein noch verschlafenes Fürth, die Ampeln natürlich auf Rot.
Am Bahnhof angekommen, schnell bezahlt, eine Quittung verlangt und ab durch die Unterführung. Endlich angekommen auf Bahnsteig Fünf rollt der Zug gerade ein. Geschafft.
Im Nürnberger Hauptbahnhof noch ein kurzer Umstieg in die schnelle Süd-Nordverbindung: München -> Hamburg mit dem hinteren Zugabteilen nach Bremen.

Bahnsteig
Bahnsteig

Schnell einen bequemen Fensterplatz gefunden, auch ohne Reservierung.
Mittlerweile ist aus der Morgendämmerung die Klarheit eines wunderbaren Frühlingstages geworden. Das Wetter passt zu meiner Guten Laune, auf nach Norderney.
Den Fotoapparat stets griffbereit neben mir. Bahnhof für Bahnhof wird bildlich festgehalten. Die Landschaft ändert sich, vom hügeligen, ich nenne es gerne bergigen Franken,  bis hinauf ins flache Land.

Hügel
Hügel
Flachland
Flachland

Hier wird mein Blick auf unendlichen Reisen eingeladen. Richtung Daheim.
Nach 4 Stunden und 17 Minuten in Bremen ein flottes Umsteigen in den Regionalexpress 4410 direkt nach Norddeich-Mole zum Fähranleger.
Im oberen Zugabteil finde ich auch sofort einen freien Zweisitzer mit Fensterplatz. Koffer und ich sind gut platziert. Weiter geht es in Richtung Norden.
Der Fotoapparat kommt auf diesem Reiseabschnitt oft zum Einsatz, viele Bahnhöfe, viele Haltestationen. Passagiere steigen ein, steigen aus. Die Bahnhofsuhren zeigen wie die Zeit vergeht.
Schönste Aprilsonne überall. Ab und an paar kleine Wolken können die Freude an diesem köstlichen Freitag nicht trüben. Ich bilde mir ein, die Luft riecht schon bald nach Meer, zumindest frisch und duftend wie die scheinbar vorbei fliegenden Farben in den Wiesen und Büschen, in den Gärten. Selbst die schwarzweißen und rotbunten Kühe, die prächtigen Pferde und die lustigen umher schnüffelnden Schweinerudel sehen wie frisch gestriegelt aus, alles sieht nach Frühling aus. Bald schon kündigen auch die kreisenden Möwen die Nähe der Nordsee an.

Norden, die Mühle
Norden, die Mühle

Die mit Ried gedeckten Häuser samt ihren bunt geschmückten Fensterbänken und Hauseingängen verstärken den frühlingshaften Eindruck. Osterdekoration hängt noch überall, teilweise schrill und kitschig. Egal, denn irgendwie hübsch.
Im Sommer 2009 wurde der Fähranleger für Norderney mit dem nach Juist getauscht. Der Weg zur Fähre ist nun etwas weiter, vielleicht 3 Minuten länger, stört nicht. Fähre legt in 10 Minuten ab.

Ein letztes Bahnhofsfoto: NORDDEICH – MOLE.

Norddeich Mole Hafen
Norddeich Mole Hafen

Um diese Jahreszeit ist der Ansturm auf die Insel noch verhalten und so ist es kein Problem einen Fensterplatz an einem freien Tisch im Fährrestaurant zu bekommen. Waffeln mit „Allem Drum und Dran“ sind für mich wie bei jeder Überfahrt zum Begrüßungsritual geworden, dazu einen Cappuccino… Fast Daheim.
Als wir dann ablegen erkenne ich den ebbebedingten Wassertiefstand, den tiefsten, denn ich je erlebt habe.
Mühsam und mit dröhnendem Motor, oder sind es die Schiffsschrauben? fahren wir in der vorgegebenen Fahrrinne. Langsam schippern wir voran.

Eine entgegenkommende Fähre kommt sehr nahe an uns heran.

Eine Frisia von vielen
Eine Frisia von vielen

Die Rinne ist unter diesen Umständen schmäler als sonst.
Ich habe auch den Eindruck, dass parallel zur Fahrrinne die nun sichtbaren Sandbänke eine Verbindung zwischen dem Festland, Juist und Norderney bilden. Diese kenne ich sonst nur von der Wattseite und nur nach Norderney.
“Seehunde Backbord” ertönt des Kapitäns Stimme aus den Bordlautsprechern. Wo? Wo? Wo? Wo ist Backbord? Rechts? Links? Erwachsene und Kinder schauen sich fragend um, suchen die Seehunde.
Dann , etwa fünf Minuten später eine riesige Seehundherde. So viele habe ich noch nie gesehen.
Schwarze, braune, graue und auch weiße, alle glänzen in der Sonne. Anscheinend in bester Laune grinsen sie zu uns herüber und scheinen fröhlich mit Ihren Flossen zu grüßen. Ich lache zurück. Bald Daheim. Glücklich.

Seehunde in Sicht
Seehunde in Sicht

Die Fähre legt nach 55 Minuten Fahrzeit im Hafen von Norderney an. Schon kurz vor dem Anlegen der Fähre verlasse ich meinen Fensterplatz und gehe in den Vorraum, in Ausstiegsnähe.
Nach und nach füllt sich dieser. In den meisten Gesichtern der Mitreisenden spiegelt sich die Ungeduld wieder, endlich Land unter den Füßen spüren zu wollen.
Die letzten 15 Minuten der Überfahrt schlingerte die Fähre durch die lange Hafenzufahrt. Die Bohlen links und rechts versperren den Blick auf die sonst unendliche Nordsee.
Andererseits ist die Insel während der gesamten Überfahrt zu sehen gewesen, wie auch das Festland.
Wir kommen näher und ganz nahe an die Insel. Bald ist der Strand zu erkennen, mit den Wellen die am Strand auslaufen.
Aus der weißen Silhouette der Häuserfront heraus sind jetzt die einzelnen Gebäude zu erkennen.

Hoch oben, die Marienhöhe, die feinen Hotels am Weststrand, das Kurmittelhaus am Weststrand mit seinen ersten blauweißen Strandkörben. Sowie die schmucken weißen Reihenhäuser,
und natürlich der alles überragende Wasserturm im Ortskern. Rechts, fast am Ende der Insel der Leuchtturm, noch höher.

Norderney in Sicht
Norderney in Sicht

Ein kurzes Rumpeln signalisiert, wir sind angekommen. Der Motor ist ruhig.
Mit sicheren, geübten Handgriffen werden die dicken Taue zum Sichern an den Landepfosten fest gezurrt.
Die Ausstiegsrampe klappt runter, die Verbindung zum Land ist hergestellt. Die Fährgäste gehen von Deck. Einige verlassen mit Ihren Autos, Motorrädern, Fahrrädern oder Transportern über die hintere Rampe die Fähre.
Teileweise mit viel Gepäck, aber auch mit nur wenig, so wie ich.
Bei der Fahrkartenkontrolle am Ende des Ausganges gibt es dann die NorderneyCard, die moderne Variante der Kurkarte.
Beim Eingang warten schon die nächsten Fahrgäste mit Richtung Festland auf Einlass.
Tief atme ich die frische Nordseeluft ein, Inselluft. Daheim. Der Wind weht und pfeift aus allen Richtungen und der Himmel zeigt sich von seiner schönsten Seite.
Blau, ein strahlendes Blau mit Schäfchenwolken. Die Möwen kreischend wie immer. Das Meer ist fast ruhig. Ebbe. Mein Blick schweift in die Runde.
Links ist das Festland mit den für den Norden typischen Windrädern. Eigentlich sehr nahe, dennoch im Moment und für die nächsten Tage eine andere Welt.
Rechts liegt Juist, eine weitere Insel, die letzte in der Reihe der Ostfriesischen Inseln. Vielleicht besuche ich sie mal, irgendwann.
Aber eigentlich unwichtig für mich, wie in den letzten 50 Jahren.
Taxen und Busse stehen zur Weiterfahrt bereit. Die unterschiedlichen Ziele werden u. a. auch durch drei Busse abgedeckt:
Zentrum – Weststrand
Zentrum – Busbahnhof
und Ortsrand – Nordhelmsiedlung.

Norderney Hafen
Norderney Hafen

Der Birkenweg ist in der Nordhelmsiedlung, also Bus Nummer Drei in der Reihe. Einsteigen, Fahrgeld 1,50€ bezahlen, Ziel nennen, Gepäck abstellen und einen Platz suchen.
Der Bus verlässt den kleinen Hafen und fährt rechts Richtung “Meierei”. Das Meer liegt rechts und ist paar Minuten lang noch zu sehen. Vorbei geht es an einem kleinen Waldstück, eher ein Hain.

Der Hain vor dem Birkenweg
Der Hain vor dem Birkenweg

Dann direkt in die Siedlung. Die Haltestelle “Rheinstrasse” ist meine Zielhaltestelle. Eine knappe halbe Minute von der Hausnummer 41 im Birkenweg entfernt.

Direkt an den Randdünen kurz vor dem Naturschutzgebiet da ist das Haus, in dessen Dachgeschoss meine Mini Loft ist.
Rechts oben, mit großem Nordfenster, das einen wunderbaren Blick auf die Dünen zulässt.

So bin ich nach Neun Stunden angekommen, stelle meinen Koffer ab, öffne das Fenster, höre das Meerrauschen, höre den Wind und weiß, da hinten, gleich hinter den Dünen da wartet das Meer auf mich. Daheim.

Rosemarie,  April 2009

Dünen im April
Dünen im April 2009,  sehen so auch sieben Jahre später aus, unveränderte Natur.